Das Ende von Gendermarketing? (1/3)

gepostet von Julia am 29. September 2022
Marketing
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Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, warum Spielzeug für Mädchen so pink ist oder warum Werbung von Baumärkten in der Regel Männer zeigt? Heimwerkern Frauen etwa nicht? Dieses Phänomen kommt nicht ganz von ungefähr. Es hat sogar einen Namen: Gendermarketing. Falls ihr euch bereits auskennt: Glückwunsch! Für alle anderen habe ich hier einen kurzen Umriss, was es damit auf sich hat.

Was ist eigentlich Gendermarketing und warum nutzt man es?

Sucht man bei Wikipedia, findet man folgende Definition: »Gender-Marketing ist ein Ansatz zur Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen, der zum einen auf die Entwicklung und Herstellung abzielt. Zum anderen der Bewerbung und dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen dient. Dabei werden nicht zwangsläufig traditionelle Geschlechterrollen und Stereotype verstärkt, sondern stellenweise neue Entwicklungen und Identitätsentwürfe berücksichtigt, die per Marketing unterschiedliche Vorteile für Männer oder Frauen herausstellen.«

Der Ansatz von Gendermarketing basiert auf der Annahme, dass Frauen und Männer unterschiedliche Lebensentwürfe haben. Überspitz ausgedrückt machen Frauen den Haushalt und sorgen sich um die Kinder, während Männer arbeiten und Heimwerkarbeiten übernehmen. Das führt dazu, dass sie unterschiedliche Kaufentscheidungen treffen bzw. unterschiedliche Bedürfnisse haben. Genau das will sich Gendermarketing zunutze machen.

Euch ist vielleicht auch schon aufgefallen, wenn ihr durch die Drogerie eures Vertrauens gegangen seid, dass es Deos, Duschgels, Rasierer und Co. in Ausführungen für Männer und Frauen gibt. Die sehen nicht nur anders aus, sondern werden auch anderes beworben. Gendermarketing betrifft auch schon die Jüngsten, was man deutlich an Spielsachen und Kleidung für Jungen und Mädchen sieht. Die The Fawcett Society aus England hat sich das 2020 auf den Websites von Primark und Co. mal etwas genauer angeschaut. Marks & Spencer’s T-shirt Seite für Jungen warb mit: »‘Make sure little ones are kitted out for any adventure…They’ll love our playful prints featuring dinosaurs and jungle animals« während die Mädchen-Seite mit »Give weekend outfits a splash of colour with floral and rainbowembellished T-shirts» warb.1 Die Unterschiede sind deutlich: Jungen wollen Abenteuer und Mädchen wollen süß sein. Dinos vs. Blumen.

Die Rolle von Packaging Design

Wie bereits angedeutet ist ein wichtiger Aspekt von Gendermarketing das Packaging Design. Vor allem bei low involvment Käufen – Käufe von eher günstigen, alltäglichen Produkten und Verbrauchsgütern – hat es eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Kaufentscheidung, im Gegensatz zu high-involvement Käufen wie Autos oder Laptops, bei denen man sich deutlich mehr informiert und auf die Eigenschaften und Leistung schaut.

Kaufentscheidung Wie wir Kaufentscheidungen treffen 2

Bei Verpackungsdesign spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wie Farbe, Grafiken oder die Typografie und natürlich auch die Größe und Form. Schauen wir uns das einmal konkret an einem Beispiel an. Dazu müssen wir nur in eine x-beliebige Drogerie und einen Blick auf die Duschgels von Fa (oder jeder andere beliebigen Marke) werfen. Auch wenn die Form der Verpackung identisch ist, sieht man besonders bei den Farben und Grafiken einen deutlichen Unterschied. Die Männer-Reihe ist dunkler und kräftiger von den Farben, während die Frauen-Reihe heller und pastelliger ist.

Überhaupt ist Farbe ein sehr interessantes Thema. Die Zuordnung »Rosa für Mädchen und blau für Jungs« gibt es erst seit den 1940er, wie Jeanne Maglaty in einem interessanten Artikel für das Smithonian Magazin geschrieben hat. In den 20er Jahren war das noch nicht so eindeutig. Da wurde teilweise sogar dazu geraten, Jungen in Pink zu kleiden, da es eine kräftigere Farbe ist, und Mädchen in (hellem) Blau, da es zarter ist. Die Farbzuordnung, wie wir sie heute kennen, hätte also auch in die gegengesetzte Richtung gehen können.

Doch zurück zu den Duschgels. Die Behälter der Fraue- Duschgels sind nicht leicht transparent wie bei den Männern und sie sind mit Blüten verziert, während die der Männer mit Feuer bzw Wasser eher abstraktere Grafiken haben. Interessant ist auch, dass bei Frauen die »milde Formel und 94% Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs« hervorgehoben werden, während bei Männern auf die »milde Formel« verzichtet wurde. Dazu kommen Bezeichnungen wie »Devine Moments« bei den Frauen und »Dark Passion« oder »Kick Off« bei den Männern.

Drogerie


Insgesamt wirkt bei den Frauen-Duschgels alles dezenter und lieblicher, während bei denen für Männer alles kräftiger und aktiver wirkt. Auch bei anderen Marken, Deos, etc. verhält es sich ähnlich. Wir haben es also auch hier wieder mit unterschiedlichen Rollenbildern zu tun: Männer ist stark und aktiv, Frauen sanft und lieblich.

Nun wissen wir also, womit wir es zu tun haben, wenn von Gendermarketing die Rede ist. Im nächsten Teil schauen wir uns die aktuelle Entwicklung an und gehen der Frage nach, ob diese Art von Werbung immer noch zielführend ist.

Weiterführende Quellen

Alle Online-Quellen dieses Beitrags sind im Text verlinkt. Weiterführende Studien und Seiten zum Weiterlesen gibt es hier:

1 The Fawcett Society (2020): "Unlimited Potential: Report of the Commission on Gender Stereotype in Early Childhood", online unter: www.fawcettsociety.org.uk/Handlers/Download.ashx?IDMF=17fb0c11-f904-469c-a62e-173583d441c8

2 Srivastava, P. & Ramakanth, D. (2022): “Package design as a branding tool in the cosmetic industry: consumers’ perception vs. reality” in SN Business & Economics 2, 58 (2022), www.doi.org/10.1007/s43546-022-00222-5

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