Leseprobe »St. Jimmy«

gepostet von Julia am 13. März 2024
St. Jimmy

Kapitel 18: Feuer!

Die neue Harmonie hielt nicht lange. Wäre auch zu schön gewesen. Zwar hörten wir nichts mehr von Zombie Revolution, aber es gab ja noch andere Leute, die nicht gerade gut auf uns zu sprechen waren: Sam zum Beispiel. Seid wir fast ein Opfer von Charlie und den anderen geworden wären, hatte ich irgendwie das Gefühl, andauernd über meine Schulter schauen zu müssen, weil man nie wissen konnte, ob nicht gerade ein Schatten aus der Vergangenheit auftauchte, um böse Rache zu nehmen. Sam hatte definitiv genug Wut auf uns und auch die kriminelle Energie, um uns noch gefährlich zu werden. Er schien auch nicht der Typ Mensch zu sein, der eine Sache einfach auf sich beruhen lässt. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Sorgen machte ich mir. Mein Gefühl sagte mir deutlich, dass wir noch von Sam hören würden und ich hatte keine Lust, bis zum großen Knall abzuwarten!

»Wieso bist du dir so sicher, das Sam was plant?«, fragte Jimmy, als ich ihm von meinen Befürchtungen erzählte.
»Ich weiß es einfach, okay? Hast du nicht gemerkt, wie er uns angeschaut hat, als die Polizei ihn damals mit aufs Revier genommen hat?«, fragte ich zurück.
»Ja, klar. Er war stocksauer«, sagte Jimmy.
»Er war nicht sauer. Er war regelrecht hasserfüllt!«, verbesserte ich ihn.
»Ach jetzt hör aber auf! Bist du sicher, dass du da nicht überreagierst?«
»Nein!«, sagte ich bestimmt.
»Also gut. Und was willst du jetzt tun?«, fragte Jimmy.
»Ich will noch einmal in die Bar. Weißt du noch, wie er uns letztes Mal mitten in der Nacht überrascht hat? Das war sicher kein Zufall. Dort finden wir heraus, was er vorhat. Da geh ich jede Wette ein.« Ich hatte keine Ahnung, warum ich mir da so sicher war, aber ich wusste, dass ich meinem Gefühl vertrauen konnte. »Du bist ganz schön paranoid, weißt du das? Aber wenn es sein muss, schauen wir uns heute Nacht mal bei Sam um.«, schlug Jimmy vor.
»Danke.«, sagte ich. Ich war froh, dass ich mich auf ihn verlassen konnte. Alleine wäre ich vermutlich nicht einmal in die Bar reingekommen. Ich konnte im Gegensatz zu Jimmy kein Schlösser knacken.

Am Ende gingen wir genauso vor, wie damals, als wir die Mäuse losgelassen hatten. Wir schlichen uns gegen drei Uhr zu Sams Bar und Jimmy knackte das Schloss. Als wir drinnen waren, machten wir unsere Taschenlampen an und sahen uns um. Alles schien normal. In der Bar war nichts Verdächtiges zu finden, also gingen weiter in einen Nebenraum, den Sam als Büro nutzte. Die Tür war zwar verschlossen, aber Jimmys Dietrich machte dem Im Nu ein Ende. Drinnen fiel mein Blick als erstes auf den Schreibtisch und den Zettel, der darauf lag. Neugierig nahm ich ihn und las. Es war ein Einkaufsbeleg.
»Hör dir das an! Wozu kauft Sam drei Kanister Benzin?«, fragte ich Jimmy erstaunt.
»Was hat er nur damit vor?«
»Vielleicht nichts. Vielleicht eine ganze Menge«, meinte Jimmy nachdenklich.
»Was willst du damit sagen?«, fragte ich ihn.
»Naja … er könnte damit etwas in Brand setzen«, antwortete Jimmy.
»WAS?«, rief ich entsetzt. Für einen Moment hatte ich ganz vergessen, wo ich war.
»Verdammt! Sei doch leise!«, schimpfte Jimmy.
»Tut mir leid, aber siehst du nicht, was das alles bedeutet?«, fragte ich aufgebracht.
»Du wirst es mir sicher gleich sagen«, meinte Jimmy.
»Er will Micks Bar abfackeln!« Beinahe wäre ich wieder laut geworden, so aufgewühlt war ich.
»Jetzt mach aber mal nen Punkt! Das ist doch Unsinn! Sam ist ein Mistkerl, aber sowas würde er nie machen!«, wand Jimmy ein.
»Oh doch! Er würde!«, widersprach ich.
»Ich sag es nochmal: Du bist paranoid, Danny«, entgegnete Jimmy mit einem Kopfschütteln.
»Ach wirklich? Und was ist damit?«, fragte ich und reichte ihm Sams Taschenkalender, der ebenfalls auf den Schreibtisch gelegen hatte. Dort, am 15. Mai, stand um vier Uhr nachts ein interessanter Eintrag.
»Mission Inferno« las Jimmy und sah mich verblüfft an.
»Komischer Zufall, nicht wahr?«, fragte ich.
»Ja, schon, aber…«
»Was aber?«, unterbrach ich ihn.
»Das ist in nicht mal einer halben Stunde!«, sagte Jimmy.
»Scheiße! Heute ist das? Wir müssen sofort los!«, rief ich. Mittlerweile hatte ich jede Vorsicht vergessen und rannte zur Tür, Jimmy dicht hinter mir.

»Das kann einfach nicht das sein, wonach es aussieht«, rief Jimmy, als wir so schnell wir konnten zurück zu Mick rannten.
»Und was dann?«, entgegnete ich nur. Darauf wusste Jimmy keine Antwort.

Fast hatten wir schon Micks Bar erreicht, als wir langsamer wurden.
»Meinst du, er ist schon da?«, fragte Jimmy.
»Weiß ich nicht. Noch scheint alles ruhig. Aber es ist ja erst kurz vor vier.« Von außen konnten wir nichts Verdächtiges sehen, aber der Schein konnte ja auch trügen. Auf jeden Fall wollten sollten wir uns drinnen gründlich umsehen.
»Vielleicht sollten wir besser die Polizei rufen«, überlegte ich. Falls Sam tatsächlich Feuerteufel spielen wollte, würden wir vermutlich Hilfe brauchen. »Und wenn du dich irrst und er nicht kommt?«, fragte Jimmy, als wir in die dunkle Bar gingen und nach dem Rechten sahen. Ich wollte gerade antworteten, als wir Geräusche hörten. Soeben war ein Fahrzeug vorgefahren. Hastig eilten wir zum Fenster, das zur Straße rausging.
»Sam!«, sagte ich nur, als ich die Gestalt erkannte, die sich da draußen vor der Bar am Kofferraum eines Autos zu schaffen machte. Er war dabei, etwas Schweres aus dem Kofferraum zu heben, das nur zu sehr nach Kanistern aussah. Ich musste nicht lange raten, was in denen wohl drin war.
»Okay, ruf die Polizei«, sagte Jimmy, der offensichtlich zum selben Schluss gekommen war, wir ich.
Ich lief also zum Telefon und wählte den Notruf.
»Hallo, mein Name ist Shay. Jemand versucht gerade in meine Bar einzudringen«, sagte ich. Ich hatte keine Ahnung, warum ich mich als Mick ausgab, aber es schien mir einfach am Logischsten.
»Gut, ich schicke eine Streife vorbei. Wie lautet die Adresse?«, fragte die Frau am anderen Ende.
»1753 Grand Street«, antwortete ich. »Und bitte beeilen sie sich!«. Dann legte ich auf.
»Danny, Sam macht sich schon an der Tür zu schaffen«, sagte Jimmy, der zu mir gekommen war. Er sah nun eindeutig besorgt aus. »Was machen wir jetzt? Wir sollten ihn besser aufhalten.«
»Nein. Wir warten noch. Die Polizei kommt ja gleich. Wenn wir jetzt eingreifen, entkommt Sam uns am Ende noch und wir stehen mal wieder ohne Beweise da«, sagte ich.
»Gut, aber wenn die Bullen nicht rechtzeitig kommen, dann schnapp ich mir den Spinner!«, sagte Jimmy fest entschlossen, der offensichtlich nun ein ganz anderes Bild von Sam hatte.
Dann schlichen wir leise die Kellertreppe nach unten und gingen auf halber Höhe in Deckung, damit wir mitbekommen konnten, was in der Bar vor sich ging, ohne dabei gesehen zu werden. Keinen Moment zu früh, denn schon ging die Tür zur Bar auf und Sam trat ein.
»Was für ein Psycho«, flüsterte Jimmy leise, während wir zusahen, wie Sam die Kanister reinbrachte.
»Ach, fällt dir das auch schon auf?«, entgegnete ich spitz.
»Schon gut. Ich hätte gleich auf dich hören sollen. Tut mir leid, Kumpel«, sagte Jimmy.
»Schon okay«, meinte ich. Wenn ich ehrlich war, dann war auch ich ziemlich erstaunt über das, was wir da beobachteten. Brandstiftung schien selbst für Sam eine harte Nummer. Inzwischen hatte Sam begonnen, das Benzin auszuschütten. Wo zum Teufel blieben nur die Bullen? Die Sache wurde mir langsam zu heiß. Als Sam beim letzten Kanister angekommen war, hörten wir die Sirenen. Die Polizei war im Anmarsch aber warum nur mussten die Bullen so einen Lärm machen? Hatten die denn ein Vakuum im Kopf, wo das Hirn sein sollte? Ich hätte fast laut aufgestöhnt bei so viel Dummheit! Wenn wir die Sirenen hören konnten, dann musste auch Sam sie hören. Tatsächlich fuhr er zusammen und wollte zur Tür, doch das ließen Jimmy und ich nicht zu. Wir sprangen aus unserem Versteck und stürzten uns von hinten auf ihn. Es gab einen dumpfen Aufschlag, als wir zu dritt auf dem Boden landeten. Sam windete und wehrte sich und wir versuchten ihn zu halten. Da wir aber mittlerweile alle voller Benzin waren, bekamen wir ihn nicht richtig zu fassen. Sam glitt förmlich aus unserem Griff. Er richtete sich auf und zog eine Packung großer Streichhölzer hervor.
»So, ihr wollt wohl zusammen mit der Bar brennen?«, fragte er hämisch als er eins entfachte.
Er bewegte sich Richtung Tür und wollte schon ausholen um das Steichholz in unsere Richtung zu werfen, als eine Stimme rief: »Keine Bewegung! Machen sie sofort das Feuer aus!« Die Polizei! Ich nutzte Sams Schock, war in zwei Schritten bei ihm und pustete das Streichholz aus.
»Mit Feuer spielt man nicht. Hat deine Mutter dir das etwa nie beigebracht?«, fragte ich an Sam gewandt. Der Blick, denn ich dafür kassierte, hätte mich töten können, wenn sowas möglich wäre.
»Was ist denn hier los? Und warum riecht hier alles nach Benzin?«, fragte plötzlich Mick, der gerade in die Bar kam. Er hatte seinen Schlafanzug an und ein Küchenmesser in der Hand. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, hätte ich diesen Anblick fast komisch gefunden. Ich riss mich zusammen und erklärte Mick und natürlich auch den Polizisten, was geschehen war. Mick wurde dabei immer bleicher.
»Das ist doch nicht wahr!«, stammelte er schließlich, als ich fertig war.
»Ich fürchte doch. Als wir hier ankamen, hatte er bereits das Steichholz in der Hand«, meldete sich einer der Polizisten zu Wort.»Wir nehmen ihn mit zur Wache. Aber wenn sie nichts dagegen haben, würden wir ihnen und den Jungen vorher noch ein paar Fragen stellen.«
»Natürlich«, sagte Mick sofort und auch ich und Jimmy nickten.

Als die Polizei endlich gegangen war, wand sich Mick uns zu. Er war noch immer ziemlich geschockt. »Ich hätte nie gedacht, dass er zu solchen Mitteln greifen würde«, meinte er kopfschüttelnd.
»Ja. Der Typ gehört eingebuchtet«, pflichtete ich ihm bei.
»Oh, das wird er ganz sicher. Diesmal kommt er nicht so leicht davon«, sagte Mick.
»Aber wieso seid ihr wirklich um diese Zeit unten in der Bar gewesen? Die Geschichte, die ihr der Polizei erzählt habt, war doch gelogen. Was habt ihr diesmal angestellt?«
Um nicht zugeben zu müssen, dass wir in Sams Bar gewesen waren, hatten Jimmy und ich behauptet, wir hätten uns nur ein Glas warme Milch machen wollten, weil wir nicht hatten schlafen können. Das war natürlich keine gute Ausrede gewesen, aber was Besseres war uns nicht eigefallen. Da Mick nicht locker lassen wollte, erzählten wir ihm die Wahrheit.
»Okay, wir hätten nicht einbrechen sollen, aber es war für eine gute Sache«, meinte ich am Ende.
»Ja, das stimmt schon. Und ich bin euch auch echt dankbar. Ich halten eure Methoden zwar für falsch, aber ohne euch wäre die Bar jetzt ein Haufen Asche und wir vielleicht alle tot. Also vielen Dank, Jungs«
»Nichts zu danken«, meinte ich grinsend.
»Gut. Und nun sollten wir alle wieder ins Bett. Das Benzin kann auch noch später weggewischt werden. Ich gehe ja mal nicht davon aus, dass in dieser Nacht noch mal einer ein Feuer hier legen will«
Da konnten wir Mick nur zustimmen. Nachdem alles überstanden war, fühlte ich mich plötzlich ziemlich müde und ein warmes Bett klang besser, als alles andere.

Am nächsten Morgen wurde ich von Josey mit einer stürmischen Umarmung begrüßt. »Du hast unsere Bar gerettet! Danke!«, sagte sie.
»Ach, das war doch gar nichts. Außerdem hat Jimmy geholfen«, meinte ich bescheiden.
»Ja, aber ohne dich wär Sam keiner rechtzeitig auf die Schliche gekommen und unsere Bar wär jetzt hin. Und wir auch.«
»Kann schon sein«, gab ich ihr recht und grinste breit. Es war ein gutes Gefühl, der Held des Tages zu sein. Außerdem würde Sam nun mit Sicherheit für einige Jahre hinter schwedischen Gardinen sitzen und wir würden so schnell nichts mehr von ihm hören. Und das war ja nun wirklich mal ein Grund zur Freude. Jimmy meinte zwar später nach der Gerichtsverhandlung, Sam wäre viel zu gut weggekommen, aber mir genügte es, dass er fünf Jahre bekommen hatte. Fünf Jahre ohne Sam bedeuteten fünf Jahre Ruhe. Das war doch besser, als nichts.

Über das Buch

Cover St. Jimmy

Jugendroman
E-Book oder Softcover, A5, 378 S.
ISBN 978-3-939211-43-3